Auf den Sport gekommen

Auf den Sport gekommen

Was haben Nassrasierer, Handstaubsauger und Dampfbügeleisen neuer Gattung gemeinsam? Sie alle haben knackige, durchtrainierte Körper. Sowie Namen, die klar machen, dass wir es mit potenten Kerlen zu tun haben: «Mach 3 Turbo», «Saugboy», «Powerglide». Zu sehen sind diese (und noch viel mehr) Prachtkerle derzeit in einer Schau im Museum für Gestaltung in Zürich.

Die Ausstellung «Sportdesign – zwischen Style und Engineering» zeigt, wie an sich «sportfremde» Gebrauchsgegenstände zunehmend durch Sportdesign beeinflusst werden. Die ausgestellten Produkte suggerieren eine Form, die aus dem Sport abgeleitet scheint, obschon die Produkte mit dem Sport gar nichts am Hut haben (oder taugt der Discman von Nike Inc. etwa zum Diskuswerfen?) Die durchdachte Funktionalität und dynamische Linienführung werden mit Jugendlichkeit und Fitness gleichgesetzt – und verkaufen sich entsprechend gut.

150 Sneakersder letzten 100 Jahre an einer 35 Meter langen Wand

Andererseits werden «sportnahe» Objekte wie Turnschuhe oder Rucksäcke zu Lifestyle-Gegenständen umfunktioniert. Eine 35 Meter lange Wand mit mehr als 150 Sneakersaus den letzten 100 Jahren bietet einen historischen Turnschuh-Überblick, der in der Schweiz wohl einmalig ist. Jährlich werden weltweit geschätzte 600 Millionen Paar Turnschuhe verkauft, doch nur 20 Prozent davon werden zu sportlichen Zwecken getragen. Der Rest ist Life-style. Eine ähnliche Biografie weist der Rucksack auf: Noch in den Achtzigerjahren galt es als «unmöglich», mit einem Rucksack zur Arbeit zu gehen. Seit Prada 1985 seine Models mit Rucksäcken über den Laufsteg schickte, hat sich allerdings einiges verändert: Die Tasche gehört heute zum integralen Bestandteil des Citylooks.

Im Gegensatz zu den «stylishen» Alltagsgegenständen steht bei den meisten Sportgeräten oder Sportkomponenten das Engineering bei der Formgebung im Vordergrund. Die Gestaltung ist strikt dem Ziel der Leistungsverbesserung untergeordnet, egal, ob ein Element schön aussieht oder nicht. Die Form folgt also der Funktion – und höchstens noch am Rande oder auf der glatten Oberfläche den Wünschen der Sponsoren. Ein schönes Exempel hierfür und zugleich spektakulärstes Ausstellungsexponat ist ein komplett zerlegter Formel-1-Rennwagen (der C 21 von Sauber). 6000 einzeln bemessene Teile müssen in ihrer Gesamtheit auf der Rennpiste bestehen. Diese Einzelelemente haben teilweise geradezu skulpturale Qualitäten. Auf ebendiesen Charakter zielt das Werk des Künstlers Marco Ganz. Seine «Reclining Sculptures» orientieren sich in punkto Formgebung und Stromlinienführung explizit an der Sportwelt. Mit dem Unterschied, dass ihnen keinerlei Funktion zukommt – und sie das Rasieren, Staubsaugen und Bügeln den anderen überlassen.

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