Explosion am Turnschuh-Himmel

A large explosion of confiscated mortar rounds, grenades, guns and other explosive devices set up by Army explosive ordnance disposal technicians on Contingency Operating Base Q-West, Iraq, Dec. 31. The controlled blast, which contained more than 1,500 pounds of explosives, was set off at midnight as a way to ring in the New Year from Iraq.

Noch nie war die Artenvielfalt auf dem Turnschuh-Markt so bunt – und die Verwirrung des Konsumenten so gross wie heute. Eine kleine Übersicht.

Früher war alles einfach. Da gabs den Dassler Sportschuh – und das wars. Dann aber begannen sich die Gebrüder Dassler aus dem bayrischen Herzogenaurach zu streiten, und es wurde komplizierter. Rudolf Dassler verliess 1947 das Unternehmen und gründete mit «Puma» seine eigene Firma, Adolf «Adi» Dassler führte den Familienbetrieb unter dem Namen «Adidas» weiter. Es folgte ein jahrzehntelanger «Turnschuh-Krieg» («Blick») – mit prominenten Kämpfern auf beiden Seiten: Beckenbauer und Robbie Williams warfen sich für Adidas in die Bresche, Maradona und Madonna für Puma. Adidas oder Puma?, das war nicht eine Frage des guten Geschmacks, sondern der richtigen Einstellung. Inzwischen ist die Frage allerdings obsolet geworden. Die Fronten haben sich so verschoben, dass man sich kaum mehr beisst: Puma hat sich im Lifestyle-Markt positioniert, Adidas konzentriert sich auf den Sport und die Hip-Hop-Gemeinde.

Totgesagte Marken leben länger

Die Entscheidung aber, welchen Turnschuh man trägt, ist nicht einfacher geworden: Der Markt ist förmlich explodiert. Hunderte von Turnschuh-Modellen buhlen heute um die Gunst der Käufer, jede noch so kleine Stadt hat ihre Sneaker-Stores und Sports-Labs, ihre Nike-Towns und Concept-Stores, aber auch Dutzende von kleinen Läden mit limitierten Auflagen und Kuriosa im Angebot. Nebst den «klassischen» Turnschuh-Grössen wie Reebok, Nike, Adidas oder Puma (alle mit Umsatzsteigerungen von fast 50 Prozent im letzten Quartal) konnten sich zahlreiche neue Labels etablieren (z. B. Navyboot, Acupuncture, Pyro), während totgesagte Marken wie Bally oder Künzli dank der weltweiten Sneaker-Mania einen zweiten Frühling erlebten. Selbst die Luxuslabels haben auf den Turnschuh gesetzt: Stardesi-gner wie Xuly Bet, Marc Jacobs, Stephane Kélian, Donna Karan oder Yohji Yamamoto entwarfen für ihre Kundschaft exklusive Hochpreis-Modelle.

Mit der wachsenden Artenvielfalt haben sich auch die Codes im Zeichendschungel vervielfältigt. Was bei wem gerade «in» oder «out» ist, lässt sich nur noch mit viel Aufwand beantworten. Die Kinder haben die Zeichen der Zeit erkannt und sich der «neuen Sprache» rasch bemächtigt: «Wenn Kids früher die Markennamen und Typenbezeichnungen von Autos kannten, so können sie heute die Stocknummern von Turnschuhen nennen», freut sich Phil Knight, CEO von Nike. Die Älteren halten sich, wenn sie die Übersicht nicht vollständig verlieren wollen, an Lifestyle-Magazine oder gehen ins Museum: derzeit zeigt das Museum für Gestaltung Zürich unter anderem, wie der Schuh zu seiner sportlichen Figur kam.

Das Original wird wieder ausgepackt

Vier Trends lassen sich derzeit ausmachen: Da ist zum einen die Retrowelle, die Puma initiiert hat und nun mit der Linie «Rudolf Dassler» weiterreitet. Das Konzept wird von allen Seiten kopiert: Fast alle Traditionsmarken graben ihre Originale wieder aus: Adidas den Hip-Hop-Schuh «Run DMC», Reebok den «Freestyle», die Ikone der Aerobic-Ära, und Gola den «Corvette» aus dem Jahre 1969. Noch tiefer schürft Künzli mit ihrer «Impala»-Edition, die Mass am originalen Fussball-Leisten aus den Fünfzigerjahren nimmt.

Das zweite Trendthema heisst «Wellness». Und wieder war es die Firma Puma, die mit ihrer Joga-Linie «Nuala» einen Meilenstein setzte. Adidas zieht nächste Saison mit der sanften Linie «Sports-Performance» von Stella McCartney nach. Kecker kommt der «Onitsuka-Tiger» von Asics daher, mit dem Uma Thurman in «Kill Bill» auf Rachetour ging. Anlehnungen an Kampfsport- und Meditationsarten finden wir auch bei den aktuellen Puma-Linien «Satori» und «Asana».

Die Luxuslabels setzen vornehmlich auf den «Hybrid-Schuh», eine Kombination aus sportlichen und klassischen Elementen. Bally etwa verdankt einen Grossteil seines Turnarounds dem ledernen «Free» und schickt nun den grasgrünen «Sail» auf hohe See; Hermès macht kräftig Umsatz mit einem 590 Franken teuren Leder-Turnschuh und Louis Vuitton lässt seine kommunen Treter mit den noblen Insignien des Hauses bedrucken.

Aufs Wesentliche reduziert

Viertens entwickelt die Turnschuhbranche Modelle, «die Technologieführerschaft markieren» («NZZ am Sonntag»). So setzt Nike mit dem «Svezdochka» (grosses Bild), benannt nach dem Hündchen in der Sputnik-Mission, auf den Technolook. Auf nächsten Frühling hin lancieren die Amerikaner mit «Ovolo» einen High-Tech-Schuh, der den Frauen das Goldene vom Himmel verspricht: sexy und zugleich schmerzfrei sein. Konkurrent Puma hat sich derweil mit Philipp Starck einen Mann ins Haus geholt, der den Turnschuh aufs Wesentliche reduziert und für die Zukunft fit gemacht hat. – Wir werden versuchen, Schritt zu halten.

Ausstellung: Sportdesign – zwischen Style und Engineering, Museum für Gestaltung, Zürich.

Wissen Gegen Minen Magazin