Für die Damen «Chanel» und die Teenies «Gucci»

Für die Damen «Chanel» und die Teenies «Gucci»

Jährlich buhlen Massen von neuen Parfüm-Düften um die Gunst der Kundschaft. Darunter werden nur wenige zu wirklichen Klassikern.

Der Abend war gelaufen. Die Solisten spielten zwar virtuos, doch der Geruch war unerträglich. Die Dame in der Mitte der zweiten Reihe auf der Balustrade der Zürcher Tonhalle hatte sich wohl vor dem Konzert im Maiglöckchenduft gewälzt und auch gleich die Kleider darin ertränkt. Wer links, rechts, hinter oder vor ihr sass, drohte zu ersticken und baute mit der Zeit Hassgefühle gegen die Kombination von Frau und Frühlingserwachen auf.

Zwar gehören Parfüms mit einer Note von Maiglöckchen wie etwa «Diorissimo», dem Lieblingsduft von Christian Dior, oder «Lily of the valley» (Floris), das schon seit über 150 Jahren im Handel ist, eindeutig zu den Klassikern unter den Duftwassern, doch ein Zuviel davon war schon immer verpönt und zeugt auch heute noch von schlechtem Stil. Deshalb ist es sinnvoll, sich immer gleich stark zu parfümieren und die Anzahl der Tropfen oder Spritzer pro Tag nicht zu erhöhen. Dies vor allem dann, wenn über lange Zeit dasselbe Parfüm verwendet wird. Die Nase gewöhnt sich nämlich relativ schnell an einen Duft und nimmt ihn dann immer weniger wahr, was jedoch nicht für die Umwelt gilt.

Wie Japaner vor der Eigernordwand

Und genau die Umwelt ist es doch, die mit Düften bezirzt werden soll. Sich für einen zu entscheiden, hat jedoch schon so manche Frau an den Rand ihres Entscheidungsvermögens gebracht. Die riesigen Parfümwände der Warenhäuser und Discounter lassen Kaufwillige gleichermassen erstarren, wie die Eigernordwand japanische Bergsteiger in ihren Sneakers. Die Frage drängt sich auf, wie unter den Hunderten von Fläschchen und Flakons, die Saison für Saison auf den Markt geworfen werden, der passende oder gewünschte Duft zu eruieren ist. Kein Wunder also, wenn viele Frauen lieber auf Altbewährtes zurückgreifen als versuchen, sich im undurchdringlichen Dschungel der Neulancierungen zu orientieren.

Ob der seit Jahrzehnten anhaltende Erfolg der Parfümklassiker wie «Chanel 5» oder «L’Air du Temps» von Nina Ricci allerdings bloss darauf zurückzuführen ist, muss bezweifelt werden. Beide zählen trotz ihres ausgewogen sanft blumigen Aromas zu den schweren und für den Abend bestimmten Düften. Doch damit endet die Ähnlichkeit. «L’Air du Temps» ist auch heute noch oft das erste Parfüm im Leben einer Frau, wohingegen mit «Chanel 5» als Präsent vorsichtiger umgegangen werden sollte. Keine Frau unter vierzig wird diesem Duft wohl viel abgewinnen können, umgibt ihn doch ein Touch ältlicher Damenhaftigkeit.

Schwere Düfte mit Klassikerpotenzial

Neben diesen beinahe archäologisch anmutenden Parfüms – sie sind bereits über 80 beziehungsweise 60 Jahre im Handel – gibt es eine ganze Palette, die zu den Neoklassikern gezählt werden dürfen, da ihre Geburtsstunde in den 70er-Jahren liegt. Allen voran «White Linen» von Estée Lauder mit seinem Mix aus Jasmin, Rose, Beeren, Moos und Amber, auf das gewisse Frauen älteren Jahrgangs so versessen sind, dass sie es am liebsten «literweise trinken» würden. Es gilt genauso wie «Opium Woman» von Yves Saint Laurent mit seiner orientalischen Note und «Tresor» von Lâncome als typisches Parfüm für den Tag.

Erstaunlicherweise scheinen eher schwerere Düfte das Potenzial zu haben, einst als Klassiker in den Regalen der Parfümerien zu stehen. Die spritzigen, fruchtigen überstehen meist gerade nur ein paar Saisons – einzige Ausnahme: die Gucci-Düfte.

Übrigens sind sich die Schweizerinnen, was die Parfümwahl betrifft, in ihren Vorlieben einig: Ob in Zürich, Baden oder Solothurn, die Umfragen bei Discountern und Fachgeschäften erbrachten überall die gleichen Resultate. Das gilt auch für die Präferenzen der jungen Frauen. Diese stehen auf «Mexx»-, «Joop-» und «Gucci»-Düfte.

Über die Neulancierungen lässt sich in Sachen Beliebtheitsgrad jedoch wenig sagen. Genannt wurden bei einer nicht repräsentativen Umfrage bisher «nu» von Yves Saint Laurent, «Cool Water Woman» von Davidoff, «Coco Mademoiselle» von Chanel und «Summer Frost» von Estée Lauder. Auf eine Prognose darüber, welcher neue Duft das Zeug für einen Klassiker in sich hat, wollte sich indes niemand einlassen.

Liebe auf den ersten Atemzug Nur wenige Parfüm-Neulancierungen haben das Zeug zum Klassiker. maritius/baumann

SCHNUPPER-TIPPS

Testen Sie niemals mehr als drei Parfüms gleichzeitig, denn die Nase ist nicht imstande, innert kurzer Zeit viele verschiedene Düfte genau zu unterscheiden.

Vergewissern Sie sich, dass an derjenigen Stelle, an der Sie ein neues Parfüm auftupfen, nicht schon ein anderer Duft vorhanden ist wie etwa der Ihrer Seife oder Body Lotion.

Achten Sie darauf, welche Duftart Sie getestet haben: das Extrakt, das Eau de Parfum oder das Eau de Toilette.

Sollten Sie dennoch mehrere verschiedene Parfüms gleichzeitig ausprobieren, notieren Sie sich, wo Sie welchen Duft aufgetragen haben. So ersparen Sie sich Verwechslungen und Enttäuschungen.

Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Wahl eines neuen Parfüms, denn ein Duft kann sich auf der Haut nach einer Weile verändern und entspricht dann vielleicht gar nicht mehr Ihren Vorstellungen.

Wissen Gegen Minen Magazin