Was haben Serge Gainsbourg, Tom Wolfe, Fred Astaire, Puff Daddy und Harry Hasler gemeinsam? Ihre Liebe für weisse Schuhe. Weisse Schuhe können Exklusivität und den Duft der Riviera verströmen oder den Träger als Zuhälter enttarnen. Zudem sind sie ein Zeichen von grossem Optimismus: Sie verlangen nach schönem Wetter und fordern vom Träger die Zuversicht, allem Schmutz dieser Welt zumindest für einen Tag aus dem Weg gehen zu können.
Dieses stilistisch gefährliche Schuhwerk gibt es diesen Sommer nicht nur für Exzentriker. Überall, von Armani bis Zara, findet Mann die modische Mutprobe im Angebot. Weisse Schuhe lassen vielseitiges Styling zu, von sportlich maritim über elegant bis rockig. Bei der Nobelmarke Hermès gehört das blütenweisse kalbslederne Budapester Modell, das die Franzosen «Richelieu» und die Engländer «Brogue» nennen, schon seit letztem Sommer zu den Bestsellern, denn weisse Schuhe sind so etwas wie französisches Kulturgut. Als Hommage an Serge Gainsbourg präsentierten Yohji Yamamoto, Jil Sander und Dior ihre Interpretationen des berühmten «Zizi» der Marke Repetto, in Weiss natürlich. Inspiriert ist das fussfreundliche Schuhwerk vom Übungsschuh für Jazztänzer, mit weicher Sohle. Dieser Schuh hat Geschichte geschrieben. Rose Repetto, die Mutter des grossen Choreogra fen Roland Petit, hat ihn 1958 für die Revuetänzerin Zizi Jeanmaire erfunden. An den Füssen von Serge Gainsbourg und auf der Promenade der Côte d’Azur wurde «Zizi» 1968 zum Symbol nonchalanter Eleganz schlechthin.
Weisse Männerschuhe sind mit so vielen Klischees und Vorurteilen behaftet, wie es Männertypen und Lifestyles gibt. Entsprechend gross ist das Feld der Interpretationsmöglichkeiten. Weisse Schuhe sind ein perfektes Stilelement, sich zu distinguieren und ebenso – sich zu blamieren. Wer nicht genügend Stilbewusstsein oder das Laisser-faire eines Gainsbourg hat, der seine «Zizis» mit zerschlissenen und (wichtig) zu kurzen Jeans und blauem Blazer paarte, sollte sich von weissen Schuhen fernhalten, denn allzu perfekt assortiert wirken sie gelackt und können einen ungewollt zum Gockel machen.
Anders hingegen das perfekte 30er-Jahre-Styling für Nostalgiker, das bei Gucci an Fred Astaire und die Big Bands erinnert. Brogues mit rosa Schuhbändeln zum weissen Leinenanzug, in Szene gesetzt von Paul Smith, sehen am stilsicheren Dandy fantastisch aus, weil dieser gleich den passenden Rolls-Royce dazu hat. Ale-xander McQueen bietet sogar den weissen Frack für besondere Anlässe. Hipsters hingegen entscheiden sich für weisse Stiefeletten(Costume National und Dior) zum Leder-Outfit, Gigolos für den weissen Satinanzug oder das weisse Lederjackett zu weissen Loafers (Dolce & Gabbana und Gianni Versace).
Weisse Schuhe sind für Männer, die es sich leisten können, Vorurteile aller Art mit leidenschaftlicher Hingabe zu pflegen. Und sie tragen weisse Schuhe vielleicht gerade deshalb, weil sie gerne provozieren und polarisieren und es sie amüsiert, mit der Schwulen-Allüre des Saint Tropez der 70er-Jahre zu spielen.
Für all jene, die mit den weissen Schuhen auf eine Rehabilitation der weissen Socken gehofft haben, ist die Antwort: Sie zeichnet sich ab. Diors Chefdesigner Hedi Slimane war nicht der Einzige, der seine Repettos mit weissen Socken gezeigt hat.